EFORT Kongress in Berlin: Tennisarm-OP: Anker bringt besseres Ergebnis

Die Operation von besonders schweren Fällen des Tennisarm-Syndroms bringt bessere Ergebnisse, wenn man die gerissene Sehne am Ellbogen an einem kleinen Anker befestigt, der in den Oberarmknochen gesetzt wird. Ergebnisse einer diesbezüglichen Studie haben Experten heute auf dem Europäischen Orthopädiekongress (EFORT) in Berlin präsentiert.

Berlin, 25. Mai 2012 – Minimal invasive Operationen sind bei nicht heilenden Gelenksproblemen wie etwa dem Tennisarm auf dem Vormarsch. Eine Verbesserung der hier üblichen Athroskopie haben US-Chirurgen erstmals ausgewertet. Patienten erreichen nach der OP deutlich schneller den vollen Funktionsumfang des Ellbogens, wenn der Chirurg am Oberarmknochen einen winzigen Anker aus Plastik setzt, um hier die eingerissene Sehne des Handstreckermuskels anzunähen. „Sowohl kurz- als auch langfristig sind die Ergebnisse mit Anker besser als ohne”, berichtete Studienleiter Dr. Raymond R. Monto vom Nantucket Cottage Hospital auf dem 13. Kongress der European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT), der derzeit in Berlin stattfindet.

Das Schmerzsyndrom „Tennisarm“ ist eine Entzündung der Sehnenansätze der Unterarmstrecker-Muskulatur. Der Name kommt nicht von ungefähr: Besonders Tennisspieler und Golfer sind betroffen – meist aufgrund falscher Schlagtechnik, die genau diese Muskelgruppe überbeansprucht. „Rund 40 Prozent aller Spieler von Schlägersportarten leiden am Tennisarm, häufig aber auch Handwerker und Arbeiter“, erklärte Dr. Monto. Auch falsche Körperhaltung und sogar ungünstige Beanspruchung bei der Tastatur- und Mausbenutzung können Ursachen sein, ebenso wie Fibromyalgie und andere Krankheiten.

In 80 bis 95 Prozent aller Fälle führen nicht-operative Behandlungen des Tennisarms zum Erfolg, wobei die Palette der Möglichkeiten von Physiotherapie, Verabreichung von Kortison und Schmerzmitteln bis hin zu Spangen, Bandagen und Gipsschiene reicht. „Dennoch ist ein erneutes Auftreten häufig und die Symptome speziell in chronischen Fällen sehr schmerzhaft“, so der Forscher. In schweren Fällen, bei denen nach sechs Monaten noch immer keine Besserung eintritt, muss eine Operation angedacht werden.

Wegschneiden des zerstörten Gewebes im Ernstfall

Zu den klassischen Tennisarm-Operationen gehört die Debridement-Methode von Hoffmann und Nirschl, bei der man die beteiligten Muskeln oder Sehnen zunächst ablöst und dann degeneriertes Gewebe wegschneidet. Um den Sehnen die alte Funktionsweise zurück zu geben, bohren die Chirurgen bisher meist beim Knochenvorsprung auf der lateralen Seite des Oberarmknochens – dem Epicondylus lateralis humeri – einen kleinen Tunnel. Hier lässt man die chirurgische Naht passieren und befestigt so die Sehnen erneut.

Ankersetzen statt Tunnelbohren

Eine innovative Alternative zum Tunnelbohren ist das Setzen eines Nahtankers im Oberarmknochen. Dieser Anker ist bloß 2,4 Millimeter dick und sieben Millimeter lang. Er besteht typischerweise entweder aus PEEK-Plastik oder aus PLDLA, einem bioresorbierbaren Material. „Dank seiner winzigen Größe und da er hervorragend biokompatibel ist, erlaubt es der Anker, gerissene Ellbogenstrecker sicher, verlässlich und dauerhaft an ihrem Ursprung am Oberarm zu befestigen“, betonte Dr. Monto.

Erster Vergleich beider Methoden

Die Ankernaht ist unkompliziert und viele Chirurgen verwenden die Technik bereits, erklärte der Forscher. „In größerem Umfang ausgewertet wurde die Methode jedoch nie.“ In der aktuellen Studie gelang das nun erstmals. Dr. Monto verglich dazu die klassische Debridement-OP mit jener Operationsweise, die denselben Zugang mit einer Sehnenbefestigung per Anker kombiniert. Überprüft wurde das bei 50 Tennisarm-Patienten, bei denen die sechsmonatige Anwendung von Entzündungshemmern, Physiotherapie, Spangen sowie Kortisonspritzen keine Besserung erwirkt hatte. Bei allen führte man vor der Operation eine Kernspintomografie durch und überprüfte nachher regelmäßig die Ergebnisse.

Besserung tritt mit Anker schneller ein

Der Anker beschleunigt die Heilung des Ellbogens deutlich, zeigen die Ergebnisse: Auf dem „Mayo Performance Index“, der über Schmerz, Funktion, Bewegung und Stabilität Auskunft gibt, verzeichneten Patienten mit Anker bereits nach einem Monat exzellente Ergebnisse, die Tunnel-Gruppe hingegen erst nach dem dritten Monat. Einer zweiten Evaluationsmethode zufolge, dem „Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand Outcome Questionnaire“ (DASH), kommen Anker-Patienten schon nach zwei Monaten auf einen niedrigen Wert, für dessen Erreichung die mit der herkömmlichen Methode behandelten Patienten über ein Jahr brauchen.

Hintergrund EFORT

Die European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology, kurz EFORT, ist die Dachorganisation orthopädischer Fachgesellschaften in Europa. EFORT wurde 1991 im italienischen Marentino gegründet. Heute gehören ihr 42 nationale Mitgliedsgesellschaften aus 43 Ländern und sechs assoziierte wissenschaftliche Organisationen an.

EFORT ist eine Non-Profit Organisation. Die teilnehmenden Gesellschaften wollen den Austausch wissenschaftlichen Fachwissens und von Erfahrungen in der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen des muskuloskelettalen Systems verbessern. EFORT organisiert europäische Konferenzen, Schulungen, Kurse, Foren und Kongresse. Ferner werden von ihr grundlegende und klinische Forschungsarbeiten ins Leben gerufen und unterstützt.

Quelle: EFORT Abstract 1748: Tennis Elbow Repair: To Anchor Or Not To Anchor.

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