Internationale Studie: Schlaganfälle bei jungen Menschen werden häufig übersehen

Schlaganfälle sind nicht nur eine Erkrankung des Alters – auch jüngere Menschen kann der „Hirninfarkt“ treffen. Doch bei ihnen verlaufen die Schlaganfälle oft „stumm“ oder Symptome bleiben unerkannt, wie eine groß angelegte europäische Studie zeigt, die beim Europäischen Neurologenkongress in Prag präsentiert wurde.

Prag, 12. Juni 2012 – Schlaganfälle werden bei jüngeren Menschen häufig übersehen, berichtete Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas (Leiter der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Graz) auf dem 22. Meeting der Europäischen Neurologengesellschaft (ENS) in Prag. Im Rahmen der Sifap-Studie (Stroke in Young Fabry Patients Study) wurden rund 3.000 Patienten/-innen zwischen 18 und 55 Jahren aus 15 europäischen Ländern mittels MRT untersucht. Die untersuchten Personen hatten kurz zuvor entweder einen durch die Verstopfung eines Blutgefäßes im Gehirn hervorgerufenen („ischämischen“) Schlaganfall oder eine Transitorische ischämische Attacke (TIA), eine Durchblutungsstörung des Gehirns mit sich selbstständig zurückbildenden neurologischen Ausfallerscheinungen, erlitten. „Wir beobachteten, dass fast ein Viertel der untersuchten Personen schon früher einmal einen Hirninfarkt erlitten hatten. Selbst bei jenen Personen, die nie zuvor Zeichen eines Schlaganfalls bemerkt hatten, wurden in 18,8 Prozent alte Hirninfarkte gefunden“, so Prof. Fazekas. „Schlaganfälle bei jüngeren Menschen verlaufen also wohl in vielen Fällen ‚stumm‘ oder so untypisch, dass man nicht an einen Schlaganfall denkt. Das sollte künftig in der klinischen Praxis stärker berücksichtigt werden und bei verdächtigen Symptomen häufiger die Indikation für eine MRT Untersuchung des Gehirns gestellt werden“.

Auch die in der Studie offensichtlich gewordene häufige Manifestation von Schlaganfällen im Versorgungsgebiet der hinteren Gehirnschlagader (A. cerebri posteriori) bei jüngeren Männern müsse weiter untersucht werden, so Prof. Fazekas. Ihr Verschluss führt typischerweise zum Ausfall des Gesichtsfeldes der Gegenseite, aber auch zu kognitiven und Bewusstseinsstörungen. Insbesondere sei zu klären ob diese Häufung mit einer Migräne-Anamnese verbunden sei.

Die Ursachen des Schlaganfalls in der jungen Bevölkerung, das heißt im Alter zwischen 18 und 55 Jahren nach WHO-Definition, sind vielfältig. Die in der Studie beobachtete hohe Zahl von lakunären Infarkten weist auf die große Bedeutung vaskulärer Risikofaktoren als Schlaganfallursache bereits im jungen Alter hin. Weitere häufigere Ursachen sind Gefäßverletzungen, aber auch seltene Krankheiten wie genetisch bedingte Defekte. Ein Auslöser ist der angeborene Gendefekt bei Morbus Fabry. Durch den zugrunde liegenden Stoffwechseldefekt kommt es dabei zu einer Ablagerung bestimmter Lipide in einzelnen Organen, unter anderem in den Zellen der Blutgefäße des Gehirns. Die Sifap-Studie (Stroke in Young Fabry Patients) ist ein Gemeinschaftsprojekt mit 35 beteiligten europäischen Forschungszentren.

Quelle: ENS Abstract O 266: Morphologic findings in young adults with ischaemic cerebrovascular disease: the Stroke in Young Fabry Patients (sifap1) study.

ENS Pressestelle:

Dr. Birgit Kofler
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