EHFG-Präsident Leiner präsentiert Gastein-Konferenz in Brüssel – 600 Teilnehmer für Oktober erwartet

European Health Forum Gastein 2011: Innovation & Wellbeing: Wir leben immer länger - aber auch besser?

– Viele unnötige Eingriffe trotz angespannter Gesundheitsbudgets
– Vermeidbare Krankheiten für 86 Prozent der Todesfälle verantwortlich
– Umfrage zu Gesundheit und Lebensstil von Euro-Parlamentariern
– Erfolgreich seit 14 Jahren: Wer kommt nach Gastein?
Brüssel/Bad Hofgastein, 8. September 2011 – Unnötige medizinische Behandlungen seien europaweit ein dringliches Problem, dem entschieden zu begegnen sei, betonte heute der Präsident des European Health Forum Gastein (EHFG) Dr. Günther Leiner bei einer Präsentation des diesjährigen EHFG-Programms in Brüssel. Das EHFG ist der führende gesundheitspolitische Kongress in Europa.
„Es ist paradox, dass wir einerseits in Europa und darüber hinaus über die Grenzen der Finanzierbarkeit unserer Gesundheitssysteme diskutieren, und andererseits zunehmend mit dem Phänomen Überbehandlung konfrontiert sind, das seinerseits wieder ökonomische Gründe hat“, betonte Prof. Leiner im Vorfeld des jährlichen EHFG-Kongresses in Bad Hofgastein (5. bis 8. Oktober 2011).
Besonders beunruhigend sei in diesem Zusammenhang das Problem unnötiger Operationen, weil chirurgische Eingriffe immer mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko behaftet sind. Nach aktuellen Erhebungen der deutschen Techniker Krankenkasse(TK) sind vier von fünf Operationen am Rücken unnötig. OECD-Daten aus dem Vorjahr zufolge gibt es europaweit enorme Unterschiede, was die Häufigkeit von Hüft- oder Knieersatzoperationen betrifft: Sie reichen bei Hüfteingriffen von 289 pro 100.000 Einwohner in Deutschland oder 243 in Österreich bis 39 in Polen oder 15 in Zypern. Bei Knieoperationen reicht die Spanne von 206 (Deutschland) bis nur 5 (Rumänien). „Es ist schwer vorstellbar, dass sich derart große Unterschiede medizinisch erklären lassen, da spielen natürlich ökonomische Faktoren eine Rolle“, so Prof. Leiner.
Eine Vielzahl von Untersuchungen beschreibt das Problem Überbehandlung aber nicht nur in Bezug auf Operationen, sondern auch, was Medikamente betrifft. „Eine Studie der Salzburger Medizinuniversität (PMU) zeigte bei Patienten mit einem Durchschnittsalter von 82 Jahren bei 36 Prozent verzichtbare und bei 30 Prozent inadäquate Medikamente“, sagte Prof. Leiner.
Beim diesjährigen European Health Forum Gastein, das unter dem Motto „Innovation und Wellbeing – Europas Gesundheit in 2020 und darüber hinaus“ stehen wird, geht es unter anderem um adäquate Strategien, um derartigen Belastungen für Betroffene und Gesundheitsbudgets zu begegnen, zum Beispiel Innovation, personalisierte Medizin, eHealth, oder Health Technology Assessment.
Die Europäische Kommission, ein langjähriger wichtiger Partner des European Health Forum Gastein, thematisiert gerade solche Fragen. Beim diesjährigen Kongress behandeln Veranstaltungen der EU-Kommission unter anderem Themen wie soziale Innovation im Gesundheitswesen, den Zugang von Patienten/-innen zu ihren Gesundheitsdaten, oder die europäische Innovationspartnerschaft für aktives und gesundes Altern.
Ein Mädchen, das heute in der EU geboren wird, hat bereits eine durchschnittliche Lebenserwartung von 82 Jahren – bis 2060 wird ein Anstieg der Lebenserwartung um weitere fünf Jahre erwartet. Das bedeutet enorme Herausforderungen auf allen Ebenen für die europäischen Gesellschaften – nicht zuletzt, was die Gesundheitsbudgets betrifft.
“Viele Gesundheitsprobleme lassen sich nicht innerhalb nationaler Grenzen lösen, sondern erfordern internationale Zusammenarbeit”, betonte Paola Testori-Coggi, Generaldirektorin für Gesundheit und Konsumentenschutz in der Europäischen Kommission. “Gerade wenn es um die Gesundheit einer alternden europäischen Bevölkerung geht, ist Prävention eine ganz wichtige Investition in die Zukunft. Europa muss daher mehr in die Gesundheitsförderung investieren. Und wir müssen uns damit beschäftigen, wie Innovation dazu beitragen kann, dass die Menschen möglichst gute Chancen haben, bei guter Gesundheit alt zu werden.“
Denn obwohl die Europäer/-innen immer älter werden, steht es um ihre Gesundheit oft genug nicht gut. Viele frühzeitige Todesfälle gehen auf vermeidbare Erkrankungen zurück, die ihre Ursache im Lebensstil haben – wenig Bewegung, Alkohol-Missbrauch, Rauchen und Adipositas. Im Rahmen des diesjährigen EHFG im Oktober wird unter anderem der Frage nachgegangen, warum trotz medizinischer Fortschritte heute drei von vier Europäern/-innen an Zivilisationskrankheiten sterben. Diese Lebensstil-Erkrankungen (oder „nicht-übertragbaren“ Erkrankungen) sind jährlich weltweit für 36 Millionen Todesfälle verantwortlich.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegs-Erkrankungen, Diabetes und Krebs machen in den 53 Ländern der WHO-Region Europa 77 Prozent der Krankheitslast aus und sind die Ursache für 86 Prozent aller Todesfälle. Aktuelle gesundheitspolitische Strategien im Kampf gegen Zivilisationserkrankungen – einschließlich der Ergebnisse des UN-Gipfels zum Thema am 19. und 20. September in New York, rangieren ganz oben auf der Tagesordnung des diesjährigen EHFG im Oktober.
Die Herausforderungen für die Gesundheitspolitik sind enorm. „Die Risikofaktoren der Zivilisationserkrankungen sind uns seit langem bekannt – und damit sind sie zum Glück vermeidbar“, sagt EU-Gesundheitspolitikerin Karin Kadenbach. Sie fordert, dass mehr Mittel in die Prävention investiert werden. „Derzeit fließen weltweit 97% der Gesundheitsausgaben in Behandlung, aber nur 3% in die Prävention. Das ist eine eindeutige Schieflage, denn mit besserer Prävention ließen sich Millionen vorzeitige Todesfälle vermeiden“, argumentiert die Sozialdemokratin.
Wobei vor den Risiken der Zivilisationserkrankungen auch die Europäischen Entscheidungsträger/-innen selbst nicht gefeit sind – gerade Menschen, die unterhoher zeitlicher Belastung arbeiten, haben oft Schwierigkeiten, im Alltag einen gesunden Lebensstil umzusetzen. Grund genug für das EHFG, erstmals eine Umfrage unter Europa-Parlamentariern/-innen zu Fragen ihres Gesundheitsverhaltens zu starten.
Eine spezielle EHFG-Veranstaltung ist in diesem Jahr dem Konzept der sozialen Innovation gewidmet. In Zeiten knapper Budgetmittel wird sie als eine wirksame Möglichkeit gesehen, die Kreativität der Menschen zu fördern, beschränkte Ressourcen besser zu nutzen,und eine bessere Organisation, Abstimmung und finanzielle Koordination zwischen verschiedenen öffentlichen Diensten zu unterstützen.
Im Rahmen des diesjährigen European Health Forum Gastein werden diese Zielvorstellungen, die Verfechter des Konzepts der sozialen Innovation vertreten, von den Experten/-innen unter die Lupe genommen und diskutiert, wie das Konzept sich praktisch umsetzen lässt und welche Forschung, welche organisatorischen Strukturen und welche rechtlichen Rahmenbedingungen benötigt werden, damit es funktionieren kann.
Der slowenische EU-Abgeordnete Alojz Peterle wird zu diesem Thema im Oktober in Gastein einen Hauptvortrag halten. “Die Wirtschaftskrise hat Jahre von wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt wieder weggewischt und die strukturellen Schwächen der europäischen Wirtschaft aufgezeigt”, betonte er bei der Präsentation des EHFG-Programms in Brüssel. „Zunehmend beunruhigende Gesundheitsentwicklungen bedeuten, dass einer der wichtigsten Werte im Leben der Menschen bedroht ist. Wenn wir das Gesundheitsniveau in Europa insgesamt verbessern wollen, müssen wir ehestmöglich eine kohärente, politikfeldübergreifende Gesundheitspolitik implementieren, die eine gute Koordination zwischen den verschiedenen Ebenen berücksichtigt. Soziale Innovation kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, und zu einer größeren Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit auf nationaler und europäischer Ebene beitragen.”
Das EHFG führt jährlich mehr als 600 Politiker/-innen, Entscheidungsträger/-innen, Interessensvertreter/-innen, sowie Vertreter/-innen der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft, aus Wissenschaft und Forschung und aus der Administration aus mehr als 40 Ländern zusammen.
“Seit mittlerweile 14 Jahren ist das EHFG ein zentraler Bezugspunkt für alle Stakeholder im Gesundheitsbereich – in Europa und darüber hinaus,” betont die bulgarische EU-Abgeordnete Antonyia Parvanova, die seit Jahren auf dem Kongress aktiv ist. “Es ist eine äußerst wertvolle  Quelle für Informationen und Empfehlungen für Entscheidungsträger/-innen in der Europäischen Union. In diesem Jahr wird sich das Forum mit Innovation und Wellbeing beschäftigen, und dabei weit in dieZukunft blicken, ins Jahr 2020 und darüber hinaus. Das fügt sich mit den Diskussionen, die wir im Vorjahr in Gastein geführt haben, als die großen Herausforderungen für die Gesundheitssysteme wie die demographische Entwicklung auf der Agenda standen. Innovation ist einer der Wege, diesen Herausforderungen zu begegnen und konkrete Ergebnisse zu erreichen, unter denen eine bessere Gesundheit für alle Europäer/-innen besondere Priorität haben sollte.“
Further details at www.ehfg.org.
For media accreditation for EHFG 2011 contact EHFG Press Officer Birgit Kofler: kofler@bkkommunikation.com

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