Aktuelle Studie zur Umsetzungsqualität von Projekten in der Industrie

In dieser Untersuchung wurden 313 Verbesserungsprojekte die im Zeitraum von 2005 bis 2012 von Unternehmen selbständig durchgeführt wurden analysiert. Die Ergebnisse lassen erhebliche Verbesserungspotenziale erkennen.

In dieser Untersuchung wurden 313 Verbesserungsprojekte die im Zeitraum von 2005 bis 2012 von Unternehmen selbständig durchgeführt wurden analysiert. Rund 80% der Unternehmen in denen die Projekte abgewickelt wurden sind zur mittelständischen Industrie zu zählen. Mehr als 70% der Projekte sind der Branche Automotive und Verkehr zuzuordnen.

Produktionsthemen dominieren mit einem Anteil von 85% und vernachlässigen die Verbesserungspotenziale in den administrativen Prozessen. Auch hier werden mehr als 30% Verschwendung in den Büroprozessen geschätzt.

Die Ziele der Projekte sind zu 52% monetäre, zu 37% klassische Qualitätsthemen (Einhaltung von Spezifikationen) und zu 11% Durchlaufzeit relevante Themenstellungen.

Von den Projekten mit einer monetären Zielsetzung haben nur 42% einen klar definierten Ziel Net Benefit in Euro. Dieser liegt bei ~ € 62.000.- p.a. je Projekt (kalkuliert ohne Upside Potenziale). Bei kundenzufriedenheitsbezogenen Themen (Qualität und Termine) weisen immerhin 72% eine quantitative Zielsetzung auf. Hierbei ist der Prozessfähigkeitsindex cpk zur Bewertung von Lage und Streuung von Prozessen mit nur 10% vertreten und zeigt deutlich, dass viele Projektmitarbeiter die Bedeutung und den Nutzen dieser Prozessfähigkeitskennzahl noch nicht richtig einschätzen.

Obwohl viele Organisationen über eine Projektflut klagen und eine Priorisierung von Projekten notwendig erscheint schätzen in nur 34% der untersuchten Projekte den personellen Ressourceneinsatz und selbst die Projektlaufzeit wird nur in 51% der Fälle abgeschätzt. D.h. für die Priorisierung notwendige Informationen wie Potenzial des Projekts und Ressourceneinsatz sowie Realisierungszeitraum sind nicht ausreichend vorhanden.

In beinahe allen Projekten werden grafische Analyseinstrumente wie Tortendiagramme, Histogramme oder Verlaufsdiagramme eingesetzt. In 71% der untersuchten Fälle werden zudem statistische Analyseinstrumente, von einfachen Lage und Streuungsparametern bis zu komplexen Varianz- und Regressionsanalysen oder statistischer Versuchsplanung (DOE), eingesetzt. Ishikawa Diagramm mit 52% und Process Mapping Instrument mit 38% sind weniger stark verbreitet.

80% der untersuchten Projekte kommen zu klaren Handlungsempfehlungen, allerdings liegt der Umsetzungsgrad der Verbesserungsmaßnahmen nur bei 44%. Bewertet man nun die Projekte mit umgesetzten Verbesserungsmaßnahmen (n = 106) so ergibt sich ein Zielerreichungsgrad von mageren 34%.

Interessanterweise unterscheiden sich die Zielerreichungsgrade hinsichtlich der Zieldimensionen. So weisen Projekte mit kundenzufriedenheitsrelevanten Zielen einen Zielerreichungsgrad von 45% auf, kostenorientierte Projekte 38% und Projekte die sowohl kunden- als auch kostenorientierte gleichzeitig verfolgen weisen einen Zielerreichungsgrad von nur 14% auf.

Der Einsatz von Process Mapping Werkzeugen (SIPOC, Flow Charts, etc.) erhöht die Zielerreichungsgrade nachweislich um 50%. Der Einsatz von statistischen Analysen um 90%. Nochmals darüber liegt aber, unabhängig von den eingesetzten Instrumenten zur Prozessverbesserung, eine klare Zielsetzung am Projektbeginn. Ist diese gegeben, so erhöht sich dadurch der Zielerreichungsgrad um 106%.

Nachdem die Umsetzung von Projekten eine wesentliche Komponente zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation darstellt, die laut Untersuchungen weiter steigen

werden, muss ganz klar festgestellt werden, dass die Umsetzungsqualität von Prozessverbesserungsprojekten in der mittelständischen Industrie verbessert werden muss.

Die wesentlichen Handlungsempfehlungen liegen dabei auf der Hand und werden vermutlich von den meisten Lesern als bekannt angesehen. Daher schließt sich die Frage an, warum die Umsetzung in der betrieblichen Praxis so schwierig ist.

Klare Projektplanung und Kosten/Nutzen Abschätzungen sind unabdingbare Komponenten um ein modernes Multiprojektmanagement umzusetzen. Die Anzahl der Projekte wird in Zukunft steigen und somit muss auch die Projektpriorisierung professionalisiert werden. Die Qualifikation der Mitarbeiter allgemein im Projektmanagement und besonders in spezifischen Tools und statistischem Know How erhöht den Zielerreichungsgrad der Projekte enorm.

Abschließend möchten wir noch feststellen, dass zwar Projekte in denen versucht wird alles sofort zu erreichen aus Sicht des Top-Managements zwar legitim sind und wahrscheinlich auch zu Ergebnissen führen die ohne diese „Stretched Goals" nicht erreicht worden wären. Für die operative Abarbeitung der Projekte stellen aber vor allem Projekte die sowohl monetäre als auch kundenorientierte Zielsetzungen gleichzeitig verfolgen eine erhöhte Gefahr für einen mangelnden Zielerreichungsgrad dar.

Über die Autoren:

Dr. Friedrich Loidl, Jg. 1954

Studium an der Johannes Kepler Universität Linz und Stanford University, Palo Alto, Kalifornien. Vertriebs- und Marketingvorstand in diversen österreichischen Großbetrieben, Lektor im MBA Lehrgang der Universität Linz, Geschäftsführer der MCG Managementberatung GmbH, Berater und Coach für die mittelständische Industrie und Großbetriebe in Europa

Mag. Markus Gahleitner, Jg. 1976

Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Internationalem Management, Marketing und Finanzwirtschaft, Ausbildung zum Prozessexperten an der Steinbeis Hochschule in Berlin. Partner in der MCG Managementberatung GmbH. Lektorentätigkeit an der Donau Universität Krems. Seit 13 Jahren als Consultant und Trainer im Strategie- und Produktivitätsbereich für mehr als 60 internationale Kunden im Einsatz.

Ergänzung vom 03.04.2013 11:37:27

Die Executive Summary der Studie als Youtube Video finden Sie unter http://www.youtube.com/watch?v=L_VnbkK3wlk

Weiteres Bildmaterial