Ratingagenturen: Die Macht am Markt

Am 5. Oktober 2011 stufte die Ratingagentur Moody´s Italiens Kreditwürdigkeit ab und zwar um drei Stufen von insgesamt 22 Stufen: von Aa2 auf A2. Der Eurokurs gab infolgedessen kurz nach. Daran erkennt man wie hoch der Einfluss von (amerikanischen) Ratingagenturen auf die Wirtschaft ist.

Ratingagenturen sind dabei selbst Unternehmen, die eine Gewinnerzielungsabsicht haben. Die Ratings bewerten die Bonität der jeweiligen Staaten oder Unternehmen. Diese Bewertung ist insofern wichtig für Unternehmen, da bei einer hohen Bonität geringere Zinsen für die Aufnahme von Fremdkapital gewährt werden können, da das Risiko für das verleihende Geldinstitut geringer ist. Bei einer höheren Ausfallwahrscheinlichkeit der Zahlung steigen die Zinsen hingegen an, was konkreten Einfluss auf die wirtschaftliche Situation eines Staates oder eines Unternehmens hat. Als Beispiel: Deutschland wird von allen Ratingagenturen mit der Bestnote bewertet, für deutsche Staatsanleihen zahlt man daher 1,8 Prozent Zinsen, für italienische derzeit 5,5 Prozent. Ganz abgesehen davon hat eine Herabstufung des Ratings auch einen schlechten Ruf zur Folge, der – wie man an Aktienmärkten sieht – extrem wichtig ist, für Kursstabilität und für ein Image, das Vertrauen schafft, sodass Kunden kaufen.
Wie Rating-Agenturen arbeiten
Rating-Agenturen bewerten nicht nur Staaten, sondern auch Unternehmen. Am Beispiel der Herabstufung Italiens lässt sich erkennen, welche Kriterien in die Bewertung miteinfließen: Italien hat den zweithöchsten Schuldenstand in der EU. Nur Griechenland hat mehr Schulden. Auch das voraussichtliche Wirtschaftswachstum geht in die Bewertung von Staaten mit ein. Bei dem Rating von Unternehmen fließen interne und externe Unternehmensinformationen in das Rating ein, z.B. Informationen aus dem Jahresabschluss, Investitionspläne, Kunden- und Lieferantenbeziehung und selbst Konkurrenz in der Branche hat Einfluss auf die Bewertung. Die genauen Bewertungskriterien der Rating-Agenturen sind jedoch geheim und von Branche zu Branche unterschiedlich. In Summe ermittelt die Rating-Agentur aus all diesen Einflussfaktoren die Kreditwürdigkeit des Unternehmens. 
Geschichte der Rating-Agenturen
Die drei weltweit bekanntesten Rating-Agenturen sind Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Standard & Poor’s war die erste Rating-Agentur. Ihre Geschichte beginnt 1860, fast zur selben Zeit wie die Entwicklung der modernen Finanzmärkte. Von Anfang an konzentrierte sich die Agentur unter Leitung ihres Gründers Henry Vanrum Poor darauf, zeitnah hochwertige Information an Investoren weiterzugeben und so die Risiken einschätzbar zu machen. 1868 wurde das „Manual of the Railroads of the United States“ veröffentlicht, das essentielle Informationen für US Investoren enthielt.

Moody’s wurde von John Moody (1868 – 1958) gegründet. Im Jahr 1900 veröffentlichte er das “Manual of Industrial and Miscellaneous Securities”, das Informationen zu Werpapieren und Anleihen von Finanzanstalten, staatlichen Stellen, Produzenten, Lebensmittelnherstellern uvm. erhielt. Im Jahr 1903 war seine Veröffentlichung überall ausvekauft und John Moody war landesweit bekannt. Der Aktienmarkt bracht im Jahr 1907 zusammen und Moody musste seine Firma verkaufen. Im Jahr 1909 war er jedoch mit einer neuen Geschäftsidee wieder zurück: statt dem simplen Sammeln von Informationen bot Moody nun Investoren eine Analyse von Sicherheitswerten, also eine Bewertung verschiedener Unternehmen an. Die Rating-Agentur Moody’s war geboren.
Fitch Publishing Company ist die jüngste der drei bekanntesten amerikanischen Rating-Agenturen. Sie wurde im Jahr 1913 durch John Knowles Fitch im Financial District in New York gegründet. Anfangs veröffentlichte Fitch Finanzstatistiken. Im Jahr 1924 führte Fitch die heute gängige Rating-Skala von AAA bis D ein.
Rating-Agenturen in Europa 
Oft wird vergessen, dass Ratingagenturen auch in Japan und Deutschland und anderen europäischen Ländern existieren. Dem Urteil der Ratingagenturen aus Amerika wird jedoch international ein größerer Stellenwert  zuerkannt. Somit hat Amerika auch in dieser Hinsicht großen Einfluss auf die Weltwirtschaft. Dass die Rating-Agentur Standard & Poor’s Amerika im August von AAA auf AA+ herabgestuft hat, war jedoch ein Novum. Das Finanzministerium der USA wollte dies nicht akzeptieren und ging von Berechnungsfehlern aus. An dieser Reaktion erkennt man erstens, wie wichtig das Urteil von Rating-Agenturen für jeden Staat ist und zweitens, dass Standard & Poor’s hier einen neuen, nicht antizipierten Schritt gegangen ist. 
Rating-Agenturen sind eine nicht unwichtige Einflussgröße auf die globale Wirtschaft, daher forderte Europa lange Zeit eine eigene Rating-Agenturen, um so wieder mehr Einfluss zu gewinnen. Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) hat am 16. November 2010 die Euler Hermes Rating GmbH als erste Ratingagentur in Europa registriert. Grundlage war die EU-Verordnung über Ratingagenturen, die im Oktober 2009 in Kraft trat.  

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