Zahlungsmittel Bargeld: Braucht es das denn heute überhaupt noch?

Wertpapier-Experte Wolfgang Lechner analysiert für den Fachverband Finanzdienstleister der WKÖ

„Wozu brauchen wir heute noch Bargeld? Abgesehen vom Wegfall kleiner Zuwendungen wie Trink- und Taschengeld bliebe die Abschaffung von Banknoten und Münzen in einer steuerehrlichen Welt soweit doch ohne größere Konsequenzen? Ganz sicher nicht!“, analysiert Portfolioverwalter und Wertpapier-Experte Wolfgang Lechner für den Fachverband Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Wichtig sei einerseits, die Funktionen des Geldes und andererseits die Funktionsweise unserer derzeitigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verstehen, so Lechner: „Eine wesentliche Funktion des Geldes liegt in der Wertaufbewahrung zum Aufbau, zum Erhalt und zur Weitergabe von Kapital. In unserem Wirtschaftssystem ist das Kapital neben Arbeit und Boden einer von drei Produktionsfaktoren. Als Zahlungsmittel erleichtert Geld den Tausch von Warenund ermöglicht Finanztransaktionen, wie beispielsweise die Kreditvergabe. Als Recheneinheit erlaubt es uns, Güter, Waren und Dienstleistungen zu beziffern und vergleichbar zu machen.“

Welchen Zweck erfüllt Bargeld?

1.     Der Staat kann durch Steuern, Abgaben und Enteignung auf Bankkonten, Sparbücher, usw. zugreifen, nicht jedoch auf Barvermögen in privaten Haushalten, Schließfächern, Safes, etc.

2.     Die Notenbanken haben die Möglichkeit, Bankkonten und Spareinlagen solange negativ zu verzinsen, wie nötig, um dieStaatshaushalte zu sanieren. Das Halten von Bargeld ermöglicht es, sich dieser Verhaltensweise zu entziehen.

3.     Ohne Bargeld würde Geld lediglich digital im Bankenkreislauf zur Verfügung stehen und könnte nicht behoben werden. Das würde die Macht zu sehr auf diesen Sektor konzentrieren.

„Abgesehen davon, dass mangels laufender Wahrnehmung sich entleerender Portemonnaies der Hang zum Konsum zunähme – was die Wirtschaft, die Politik und die Zunft der Schuldnerberater bestimmt sehr freute – entstünde gleichzeitig ein perfektes Druckmittel zugunsten obrigkeitsgenehmer Verhaltensweisen: Wer – aus welchen Gründen immer, ob zu Recht oder Unrecht oder auch nur aus Versehen – in Ungnade fällt, wird weder einkaufen, tanken oder sonstiges erledigen können. Nach Einzug oder Sperre seiner Karten kann er sich ja nicht einmal Geld von einem Freund ausleihen“, hebt Lechner hervor.

Und: „Mit der Abschaffung von Bargeld würde die so wichtige Bildung von Kapital für zukünftige Innovationen und für Fortschritt erschwert, Wirtschaftswachstum und Wohlstand fänden unter staatlicher Aufsicht statt. Ein Ausweichen auf Ersatzwährungen mit jeweils nachgelagerten Verboten derselben würde dem Überwachungsstaat Tür und Tor öffnen“, warnt er. Er plädiert dafür: „Bargeld ist ein wichtiger Bestandteil der persönlichen Freiheit und schränkt die Macht der Politik, der Notenbanken und Banken ein – selbst wenn Zahlungsvorgänge zukünftig vorwiegend elektronisch abgewickelt werden.“

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