EFORT 2012 – Europäischer Orthopädiekongress mit rund 7.000 Teilnehmern in Berlin: Neue Studie zeigt steilen Anstieg an Verkehrsunfällen

42,2 Prozent mehr Motorradunfälle nach der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit und 29,2 Prozent mehr Unfälle mit Fußgängerbeteiligung nach der Herbstumstellung – dies sind die Ergebnisse einer neuen Studie, die heute auf dem Europäischen Orthopädiekongress (EFORT) in Berlin vorgestellt wurde. Wissenschaftler fordern weitere Forschung, um die genauen Ursachen dieses Anstiegs zu klären und vermeiden zu können.

Berlin, 23. Mai 2012 – In den ersten vier Wochen nach der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit kommt es zu einem signifikanten Anstieg von Verkehrsunfällen, ebenso nach der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit. Die hauptsächlich betroffenen Gruppen von Verkehrsteilnehmern sind im Frühjahr Motorradfahrer (+ 42,2 Prozent) und im Herbst Fußgänger (+ 29,2 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt eine britische Studie, die heute auf dem 13. Kongress der European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT) in Berlin vorgestellt wurde. Aus Anlass der WHO-Dekade der Reduktion von Verkehrsunfällen ist Verkehrsunfallprävention einer der Schwerpunkte dieses wissenschaftlichen Großereignisses,auf dem rund 7.000 Orthopäden und Unfallchirurgen aus aller Welt zusammen kommen. Experten fordern nun weitere Untersuchungen, um die genauen Kausalzusammenhänge klären und Gegenmaßnahmen treffen zu können.

Erstmals detaillierte Untersuchung, differenziert nach Verkehrsteilnehmern

Schon seit längerem wird in Fachkreisen ein Zusammenhang zwischen Verkehrsunfällen und dem Übergang von Winter- zu Sommerzeit und umgekehrt diskutiert. Die auf dem EFORT-Kongress vorgestellte Studie ist die erste, die den Effekt der Zeitumstellung differenziert nach Gruppen von Verkehrsteilnehmern erhoben hat. Untersucht wurden alle in der Verkehrsunfall-Statistik des britischen Departement of Transport in den Jahren 1996 bis 2006 gesammelten tödlichen oder mit schweren Verletzungen einhergegangenen Verkehrsunfälle, die vier Wochen vor bis vier Wochen nach der Zeitumstellung zu jenen Tageszeiten passierten, zu denen die Lichtverhältnisse andere waren als sie es ohne Zeitumstellung gewesen wären.

Erhöhte Unfallrisiken: Im Frühjahr für Motorradfahrer, im Herbst für Fußgänger und Autofahrer

Das Ergebnis hielt gleich zwei Überraschungen bereit: Für das zeitumstellungsbedingte Unfallrisiko macht es nicht nur einen Unterschied, ob das potenzielle Opfer am Verkehr als Fußgänger, Auto- oder Motorradfahrer teilnimmt, sondern auch, ob es sich um die Umstellung im Frühjahr oder im Herbst handelt. Nach der Sommerzeitumstellung im Frühjahr stieg die Gesamtzahl der registrierten Unfälle bei fast allen Gruppen an, bei Motorradfahrern sogar um 42,2 Prozent. Nur bei Fußgängern zeigte sich eine Abnahme um 7,9 Prozent. Nach der Herbstumstellung hingegen stiegen die tödlichen oder schweren Verkehrsunfälle gerade von Fußgängern um 29,2 Prozent, sowie um 18,6 Prozent bei Autofahrern.

Experten fordern detaillierte Ursachenerforschung

Welche Einflüsse der Zeitumstellung es im Detail sind, die zu den nun mehr belegten Risikoerhöhungen führen, ist aber noch unklar. „Die Studie zeigt komplexe Veränderungen der Verkehrsunfallraten in unterschiedlichen Gruppen von Verkehrsteilnehmern“, so Dr. Joseph Alsousou (Oxford), der Hauptautor derStudie. „Die Resultate für bestimmte Untergruppen demonstrieren, dass die Umstellung auf Sommerzeit keine Leben rettet, vor allem nicht unter Motorradfahrern. Das könnte einer ganzen Anzahl von Faktoren geschuldet sein, darunter verminderter Sichtbarkeit, Veränderungen der Straßenbenützung aufgrund veränderter Lichtverhältnisse oder Störungen der zirkadianen Rhythmen. Auf diesem Gebiet ist nun weitere Arbeit nötig, um die nötigen Informationen für Unfallverhütungsstrategien zu erarbeiten.“

Hintergrund EFORT

Die European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology, kurz EFORT, ist die Dachorganisation orthopädischer Fachgesellschaften in Europa. EFORT wurde 1991 im italienischen Marentino gegründet. Heute gehören ihr 42 nationale Mitgliedsgesellschaften aus 43 Ländern und sechs assoziierte wissenschaftliche Organisationen an.

EFORT ist eine Non-Profit Organisation. Die teilnehmenden Gesellschaften wollen den Austausch wissenschaftlichen Fachwissens und von Erfahrungen in der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen des muskuloskelettalen Systems verbessern. EFORT organisiert europäische Konferenzen, Schulungen, Kurse, Foren und Kongresse. Ferner werden von ihr grundlegende und klinische Forschungsarbeiten ins Leben gerufen und unterstützt.

Quelle:EFORT Abstract 4664: The Effects of Daylight Savings Time (DST) Transition on Serious orFatal Road Traffic Injuries in Great Britain: An Accident Subgroup Analysis.

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