Rasche Operation vor der Fraktur sind wesentliche Überlebensfaktoren nach Oberschenkelhalsbrüchen

EFORT 2013: Europäischer Orthopädiekongress mit 7.500 Teilnehmern/-innen in Istanbul

Oberschenkelhalsfrakturen sind die häufigste Ursache für akute stationäre Aufnahmen in der Orthopädie. Eine/-r von zehn Patienten/-innen stirbt innerhalb von 30 Tagen. Eine britische Studie, die auf dem EFORT Kongress in Istanbul präsentiert wurde, identifiziert neue Faktoren, die helfen, ein höheres Mortalitätsrisiko vorauszusagen. Dadurch wird eine exaktere Therapie vor und nach der Operation ermöglicht. Der wichtigste Faktor, um die Mortalität zu reduzieren, isteine möglichst kurze Zeit bis zur Operation.

Istanbul, 6. Juni 2013 – Die Zeit bis zur Operation und die Beweglichkeit vor der Fraktur sind signifikante Prädiktoren für die 30-Tage-Mortalität nach Oberschenkelhalsbrüchen. Das zeigt eine britische Studie, die auf dem 14. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (EFORT) in Istanbul präsentiert wurde. Mehr als 7.500 Experten/-innen diskutieren hier aktuelle Entwicklungen in ihrem Fachgebiet.

Allein in Großbritannien werden jährlich 70.000 Hüftfrakturen verzeichnet, dem Gesundheitssystem entstehen dadurch Kosten von rund zwei Milliarden Pfund. Eine Studie britischer und schwedischer Wissenschaftler gibt die jährlichen Kosten von Hüftfrakturen in sechs großen europäischen Ländern mit über 15 Milliarden Euro an. Rund zehn Prozent der Patienten/-innen sterben innerhalb der ersten 30 Tage nach der Spitalsaufnahme. Die30-Tages-Mortalität gilt als ein wichtiger Indikator für die Qualität der Gesundheitsversorgung.

„Die Zeit bis zur Operation und die Beweglichkeit vor dem Knochenbruch stellten sich als signifikante neueprä-operative Prädiktoren für die 30-Tages-Mortalität heraus“, erklärte Manjunath Ramappa (Northumbria NHS Healthcare Foundation Trust and North Shields, UK), einer der Studienautoren. Schon zuvor waren diese beiden Faktoren als durchauswichtigeingeschätzt worden. „Doch in den bestehenden Bewertungsskalen kommen sie als signifikant Prädiktoren nicht vor“, so der Experte. „Das könnte an sich verändernden Bevölkerungsmerkmalen liegen.“ Die Studie bestätigt, dass andere Faktoren, die in derzeit in gängigen Bewertungsskalen verwendet werden, wie etwa Alter oder Geschlecht, weiterhin signifikante Aussagen über die Mortalität zulassen.

Die Studie umfasste insgesamt 1.157 Patienten mit Schenkelhalsfrakturen, die von April 2010 bis Ende 2011 in ein Krankenhaus des NHS-Trust aufgenommen wurden. Laut Ramappa bestätigt die Schlussfolgerung der Studie, dass die Zeit bis zur Operation zu einem signifikanten Prädiktor aufgewertet werden sollte, aktuelle Trends in der Behandlung von Schenkelhalsfrakturen.

Die Kenngröße von zehn Prozent 30-Tages-Mortalität spiegelt einerseits den Therapiestandard wider, andererseits aber auch Merkmale der Allgemeinbevölkerung. DiesbezüglicheVeränderungen könnten dem zweiten signifikanten prä-operativen Prädiktor, der in der Studie identifiziert wurde, zu Grunde liegen, nämlich der Beweglichkeit vor der Fraktur. „Bestimmte Bevölkerungsmerkmale haben sich in Großbritannien konstant verändert“, berichtete Ramappa. „Das betrifft etwa den durchschnittlichen BMI und die durchschnittliche Lebenserwartung, die beide gestiegen sind. Diese Faktoren tragen tendenziell zu einer verringerten Beweglichkeitbei. Das könnte dazu geführt haben, dass die Beweglichkeit vor der Fraktur jetzt zu einem signifikanten prä-operativen Prädiktor wird. Wir glauben, dass diese Faktoren für ganz Europa Gültigkeit haben.“

Höheres Risiko bei Männern

Das Geschlecht erweist sich in der neuen Studie, wie schon in der Vergangenheit, weiterhin als Risikofaktor für höhere Mortaltiätsraten bei Schenkelhalsfrakturen. „Männliche Patienten weisen tendenziell mehrKomorbiditäten auf als Frauen, vor allem pulmonale und kardiovaskuläre Erkrankungen“, sagte Ramappa. „Dies könnte zur erhöhten Mortalitätsrate bei Männern mit Oberschenkelhalsbrüchen beitragen.“

Identifizierung von Risikogruppen trägt zur Optimierung der Therapie bei

In der Studie wurde die Zeit bis zur Operation als jener Faktor identifiziert, den Gesundheitssysteme – wenn notwendig – sofort verändern können, während die prä-frakturelle Beweglichkeit nicht beeinflusst werden kann. „Im gegenwärtigen ökonomischen Klima müssen die vorhandenen Ressourcen effizient genutzt werden“, so Ramappa. „Teure Einrichtungen wie Überwachungsstationen können gezielt bei Patienten/-innen eingesetzt werden, die auf der Basis derprä-operativen Prädiktoren ein höheres Mortalitätsrisiko haben. Unsere prä-operativen Prädiktoren sind einfach anzuwenden.“

Hintergrund EFORT

Die European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT) ist die Dachorganisation orthopädischer Fachgesellschaften in Europa. EFORT wurde 1991 im italienischen Marentino gegründet. Heute gehören ihr 42 nationale Mitgliedsgesellschaften aus 43 Ländern und sechs assoziierte wissenschaftliche Organisationen an.

EFORT ist eine Non-Profit Organisation. Das Ziel der Mitgliedsgesellschaften ist es, den Austausch von wissenschaftlichem Fachwissen und von Erfahrungen in der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen des muskuloskelettalen Systems zu fördern. EFORT organisiert europäische Konferenzen, Schulungen, Kurse, Foren und Kongresse. Ferner werden von EFORT Grundlagenforschung und klinische Forschung initiiert und unterstützt.

Quelle: EFORT Abstract 1283: Pre operative predictors of 30 day mortality following fracture neck of femur 

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