Wer ist im Franchise-Verhältnis schuld, wenn der Umsatz nicht kommt?

Höchstgerichtliche Entscheidung zum Thema Umsatzerwartungen seitens des Franchise-Nehmers

Der OGH (3 Ob 187/17x vom 25. 10. 2017) hat sich kürzlich in einer Entscheidung mit einem für die Franchisebranche durchaus regelmäßig wiederkehrenden Thema befasst: Bestehen Ansprüche seitens des Franchise-Nehmers, wenn prognostizierte zu erreichende Umsätze nicht eintreten?

Was war im konkreten Fall geschehen? Der für Kundenbetreuung zuständige Mitarbeiter der beklagten Franchise-Geberin hat vor Abschluss des Franchise-Vertrags gegenüber der klagenden Franchise-Nehmerin eine unrichtige Prognose der (auch) am konkreten Standort zu erzielenden Tagesumsätze abgegeben („bis zu 1.500 €“), obwohl dieser Standort – für einen Fachmann erkennbar – aus verschiedenen Gründen weniger attraktiv war als der ursprünglich in Aussicht genommene in einem Einkaufszentrum. Erzielbar wäre nur ein Tagesumsatz von maximal 750 € bis 1.000 € gewesen.

Bestätigt hat der OGH die Beurteilung der Vorinstanz, das Verhalten des Kundenbetreuers des Franchisegebers sei in Anbetracht der Umstände bloß als leicht fahrlässig zu werten: Die Franchisenehmerin drängte auf eine möglichst rasche Genehmigung des von ihr ausfindig gemachten Ersatzobjekts und es musste ihr klar sein, dass der Kundenbetreuer bei der gemeinsamen Besichtigung keine eigene Frequenzbeobachtung vorgenommen hat, sondern sich bei seiner Umsatzprognose auf die diesbezüglichen Angaben der Franchise-Nehmerin verlassen hat. Schon zuvor hatte die Franchise-Geberin in einem E-Mail erklärt, das Objekt nicht nur selbst besichtigt und für gut geeignet befunden, sondern auch schon die (positive) Meinung ihres Steuerberaters eingeholt zu haben.

Weiters war für sie erkennbar, dass es sich bei der Aussage des Kundenbetreuers betreffend dem erzielbaren Tagesumsatz erstens nur um eine Prognose und nicht eine Zusage handelte und zweitens um eine insofern unpräzise Äußerung, als sie sich nur auf den maximal erzielbaren Tagesumsatz und nicht auf den – für die wirtschaftliche Entscheidung über den Vertragsabschluss relevanteren – durchschnittlich zu erzielenden Umsatz bezog.

Für die Franchisenehmerin war auch aus jener Bestimmung des Franchisevertrags nichts zu gewinnen, wonach die Franchisegeberin für Schäden des Franchise-Nehmers, die sie im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit verursacht hat, zwar nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet, schon bei sonstiger, also leichter, Fahrlässigkeit aber dann, wenn sie Pflichten verletzt, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Franchise-Vertrags erst ermöglicht: Liegt es – so der OGH – doch auf der Hand, dass die unrichtige Umsatzprognose des Kundenbetreuers für sich allein die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags nicht vereitelte.

Erkenntnisse aus dem OGH-Urteil

Was lernen wir daraus: „Zum einen sollten Franchisesysteme mit Umsatzerwartungen gegenüber potenziellen Franchise-Nehmern grundsätzlich vorsichtig sein und den Mitarbeitern hier auch die entsprechenden Werkzeuge und Schulungen zur Hand geben. Zum anderen aber ist auch hier die konkrete Ausformulierung der Haftung in Franchiseverträgen entscheidend, wenn es trotz allem zu Unzufriedenheit seitens eines Franchise-Nehmers kommt“, so Rechtsanwältin Nina Ollinger. „Wie bei vielen anderen Themen gilt auch hier: die Ausgestaltung eines guten Franchisevertrages ist für den Franchise-Geber eine Investition, an der nicht gespart werden sollte, wenn man in der laufenden Arbeit Zeit, Ärger und vor allem Geld sparen möchte“, so die Franchiserechts-Expertin, die ihre Kanzlei in Purkersdorf und Klosterneuburg betreibt, weiter.

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