Die Hinrichtungswelle im Iran scheint kein Ende zu nehmen

Hunderte von Menschen werden jährlich im Iran exekutiert. Allein im Jahr 2011 waren es offiziell 670 Personen, die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl des Landes vollstreckt der Iran jährlich die meisten Todesstrafen weltweit.

Menschenrechtsverletzungen sind im Iran an der Tagesordnung. Nicht nur die völkerrechtswidrige Todesstrafe wird praktiziert, auch Folter, unfaire Gerichtsverfahren, Verstümmelungen, Diskriminierung von Frauen und Minderheiten sind allgegenwärtig.

Es stellt sich die Frage, was im Iran überhaupt noch erlaubt ist. Doch solange es mit der dort herrschenden Diktatur konform geht, ist die Welt auch im Iran scheinbar in Ordnung. Menschen, welche sich nicht zum Islam bekennen, droht die Todesstrafe. Schwule und Lesben droht die Todesstrafe. Frauen, welche ihren Mann betrogen haben, droht die Todesstrafe… Steinigung ist laut Scharia die angemessene Hinrichtungsart für dieses Vergehen.

Diese traurige Aufzählung könnte man noch endlos fortsetzen. Nicht nur die Handhabung der Todesstrafe im Iran ist alarmierend. Die Verletzung der Menschenrechte im Allgemeinen ist in diesem Land gängig. So leben beispielsweise nach offiziellen Angaben rund siebzig Kinder in iranischen Gefängnissen. Ihr Verbrechen: Ihre Mutter ist inhaftiert. Laut anderen Quellen sind angeblich sehr viel mehr Kinder unschuldig zu Häftlingen geworden.

Inzwischen werden Hinrichtungen immer häufiger öffentlich vollzogen. Die Meinung der Iraner selbst dazu scheint zwiespältig zu sein. So kritisiert das persischsprachige Sportportal „Goal.com“, dass ein Fussballplatz für eine Gewalttattat missbraucht werde, schliesslich solle dort eigentlich „Körper und Seele der Menschen aufgebaut werden.“ Obwohl Goal.com sich sonst nur beim Thema Fussball zu Wort meldet, wird nun eindeutig gegen die übliche Praxis der Hinrichtungen Stellung bezogen. Im Nachrichtenportal „Digarban“ sieht es dagegen schon wieder anders aus. Die dort veröffentlichten Bilder von Exekutierten werden vielfältig sowohl von Befürwortern als auch von Gegnern der Todesstrafe kommentiert.

Wie Iran Human Rights ("IHR") berichtete, sind allein seit Oktober des vergangenen Jahres über 500 Menschen im Vakilabad Gefängnis hinter verschlossenen Türen hingerichtet worden. Mehrmals wöchentlich und zumindest zehn Menschen auf einmal werden dort in den Tod geschickt.  Drogenvergehen sind zumeist Anlass des Todesurteils. Afgahnen stellen ebenfalls einen nicht unwesentlichen Anteil der Gehängten dar. Weder die Gefangenen selbst, noch die Familien wurden über die bevorstehen Exekutionen informiert. Nach noch unbestätigten Berichten befinden sich derzeit rund 3000 zum Tode Verurteilte im Vakilabad Gefängnis, welche in den kommenden Monaten ebenfalls um ihr Leben fürchten müssen. Der IHR Pressesprecher Mahmood Amiry-Moghaddan forderte die UN zum Intervenieren auf. Ein Massaker spiele sich in Vakilabad ab.  Die beliebigen und ungesetzmässigen Massenhinrichtungen müssten gestoppt werden. Hunderte bis möglicherweise Tausende von Sträflingen könnten in den nächsten Wochen exekutiert werden.

Offiziell befinden sich 600000 Menschen in iranischen Gefängnissen. Laut einer Schätzung der IHR sind 20000 Gefangene in Vakilabad untergebracht, einem Gefängnis, welches eigentlich nur eine Kapazität für 4000 Inhaftierte hat. Es macht den Anschein, dass die dort stattfindenden Massenhinrichtungen die überbelegte Haftanstalt entlasten sollen.

Doch nicht nur in Vakilabad häufen sich Exekutionen. Acht Menschen wurden am 19.02.2013 in Shirazs Adelabad Gefängnis in den Tod befördert, darunter eine Frau. Am 24.02.2013 wurden drei Häftlinge in Qazvin gehängt, am gleichen Tag wurde der als "A. Gh." identifizierte Sträfling in Behbehan hingerichtet. Wie offizielle iranische Medien verkündeten, sind am 27.02.2013 fünf Menschen in drei unterschiedlichen Städten des Irans umgebracht worden. Zudem berichtete die iranische Nachrichtenagentur IRNA von einer Exekution im Norden des Irans am 28.02.2013, der Name des Getöteten wurde nicht genannt. Allen Hingerichteten wurden Drogendelikte zur Last gelegt.

Die Massenhinrichtungen im Iran können nicht einfach hingenommen werden. Ein Aufruhr geht um die Welt. Sowohl viele unterschiedliche Organisationen und Einrichtungen als auch Einzelpersonen versuchen die menschenverachtenden Zustände dieses Landes aufzuweisen und die iranische Regierung zum Umdenken zu bewegen. Hinrichtungen müssen sofort gestoppt werden. Sämtliche Menschenrechtsverletzungen müssen der Vergangenheit angehören. Massenhinrichtungen und Menschenrechtsverletzungen werden nicht nur ausserhalb des Irans verurteilt. Auch innerhalb des Landes sind viele Menschen dagegen und leiden tagtäglich unter dem Regime, doch für sie ist es lebensgefährlich, sich öffentlich gegen die Handhabung der Todesstrafe und den omnipräsenten Verstössen gegen die Menschenrechte zu äussern. Die Bevölkerung des Irans ist auf unsere Hilfe angewiesen! Wir dürfen nicht einfach zusehen, dass so viele Menschen gedemütigt, gequält und getötet werden.

Das Europäische Parlament wurde mit seiner Entschließung vom 22.11.2012 erneut tätig und ermahnte und kritisierte die iranische Regierung, sie „missbilligt nachdrücklich die in Iran
praktizierte Todesstrafe und fordert den iranischen Staat auf, gemäß den
Resolutionen 62/149 und 63/168 der Generalversammlung der Vereinten Nationen
in Erwartung der Abschaffung der Todesstrafe ein Moratorium für
Hinrichtungen auszusprechen; fordert die iranische Regierung mit Nachdruck
auf, die Hinrichtung Jugendlicher zu verbieten und die Umwandlung aller
derzeit anhängigen Todesurteile gegen Jugendliche zu prüfen; fordert die
iranische Regierung mit Nachdruck auf, statistische Angaben zur Todesstrafe
und Informationen über die Rechtspflege im Zusammenhang mit Todesurteilen zu
veröffentlichen."

Ahmeed Shaheed, UNO-Beauftragter für die Einhaltung der Menschenrechte im Iran, äusserte sich schockiert zu den steigenden Hinrichtungen und dem Faktum, dass sich das neue Strafgesetzbuch des Irans nicht eindeutig zu den international verbotenen Hinrichtungen Minderjähriger und zur Steinigung äussere. Stellvertretend für Shaheed könnten an dieser Stelle noch viele andere Namen genannt werden, die sich dafür einsetzen, dass sich die menschenunwürdigen Bedingungen im Iran verbessern, so dass viele Menschen wieder angstfrei leben könnten.

„Schuldig“ oder „unschuldig“, ganz gleich ob nach Scharia oder anderem „Recht“ zum Tode verurteilt – letztendlich ist es immer unrecht, einem Menschen das Leben zu nehmen. Menschen verurteilen andere Menschen für ihre Verbrechen und werden selbst zu Tätern, wenn sie die Todesstrafe zulassen.

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